Es gibt eine Reihe Aspekte im Bereich „Selbstverteidigung“, vor dem viele Trainierende und auch Trainer die Augen verschliessen. Oder vielleicht einfach Ahnung haben. Oder schlimmer, sie scheren sich nicht darum. Und genau SOLCHE Gründe können ausschlaggebend sein, ob wir nach einer „Schlägerei“ oder einer „Selbstverteidigung“ dann wegen Körperverletzung, schwerer Körperverletzung oder Schlimmeren verurteilt werden.
Es gibt sowohl moralisch-ethische, wie auch juristische Grenzen für die „Selbstverteidigung“, im Juristendeutsch auch „Notwehr“ oder „Nothilfe“ genannt. Viele Menschen haben nur eine sehr entfernte Ahnung von der Realität.
Manchen sind die Gesetze auch egal. Wenn DU zu solchen Leuten gehörst, brauchst du hier nicht weiterlesen. Früher oder später wirst du dann vermutlich auf eine unangenehme Weise merken, wovon ich hier rede… Das kann dann sehr gut auch eine Verurteilung zu einer Haftstrafe beinhalten.
Falls du aber zu den Menschen gehörst, die sich für die Möglichkeit einer realistischen, aber GESETZLICH ERLAUBTEN Selbstverteidigung interessieren, und gern VERHINDERN wollen, selbst ins Gefängnis zu kommen, dann gebe ich dir hier vermutlich nützliche Denkanstösse. Und Tipps, wie du dein Verhalten so anpassen kannst, um die Haftstrafe zu vermeiden.
In einer Reihe meiner Artikel auf diesem Blog habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass ein Konzept für Selbstverteidigung und Survival ganz dringend beinhalten muss, die geltenden Gesetze des Ortes zu kennen, in dem man sich jeweils aktuell bewegt, und diese Gesetze auch zu beachten. Wer das nicht will oder nicht tut, bewegt sich automatisch im strafbewehrten, kriminellen Bereich. Das ist sozusagen Punkt Eins dieses ganzes Themas.
Wenn nach einer körperlichen Auseinandersetzung die Polizei oder die Justiz eingeschaltet wird, wird jede einzelne Handlung von dir detailliert untersucht und juristisch zerpflückt. Das Ziel dabei ist, DIR eine Straftat zu beweisen. Und glaube bitte nicht, dass die eigentlichen Straftäter, die dich ungesetzlich angegriffen haben, hinterher ehrlich sein werden. Oder das Zeugen zu deinen Gunsten aussagen werden.
Du solltest als GRUNDSATZ immer davon ausgehen, dass die eigentlichen Täter nicht nur LÜGEN werden, sondern dass sie die OPFER spielen werden. Das Ziel von ihnen ist, selbst nicht verurteilt zu werden und die Schuld auf DICH abzuwälzen, so dass sie von dir auch noch Schadenersatz und Schmerzensgeld kassieren können. Anwälte werden diesen miesen Typen dabei helfen.
DAS ist die Realität, und du tust gut daran, dies bei jeder Auseinandersetzung so vorauszusetzen. Das ist Punkt Zwei.
Darum hast du ein enormes Eigeninteresse daran, nachweisen zu können, dass deine Absichten (das schliesst dein Training mit ein!) und Handlungen gesetzlich einwandfrei waren.
Wenn du so trainierst, dass du quasi von Beginn an ausserhalb des Notwehrgesetzes stehst – etwa ein Messertraining, welches unweigerlich zur Schwerstverletzung oder zum Tod führt, oder nur Techniken lehrt, die schwerste Verletzungen hervorrufen – dann hast du automatisch schlechte Karten. Dies bedeutet juristisch dann, dass du 1. von vornherein ungesetzliche Absichten hattest (bezogen auf Notwehr) und 2. es sehr unwahrscheinlich bis unmöglich ist, dass du dich gesetzeskonform verteidigen kannst. Und das Gericht wird das zu deinen Ungunsten auslegen.
In den Fightclubs und Trainingshallen sieht Alles toll aus. Beeindruckende Athletik, vernichtende Techniken usw. Aber im Rahmen der echten Realität – und dies schliesst nun mal die Justiz mit ein – da sprechen all diese Dinge GEGEN DICH.
Nur zur Erinnerung: du solltest IMMER davon ausgehen, dass deine Handlungen von der Justiz untersucht werden.
Vielleicht fragst du dich, wie denn die Polizei, ein Staatsanwalt oder ein Richter wissen will, wie du trainierst, wie du so im Alltag auftrittst, oder was du für Absichten hast. Wenn du meinst, das wüsste ja Niemand oder kann Niemand beweisen, da gibt es schlechte Nachrichten.
Ein guter Anwalt der Straftäter, die du abgewehrt und evtl. schwer verletzt hast, wird das überprüfen. Und er wird Wege finden, deine „Gesinnung“ und die Art deines Trainings zu belegen. Das ist viel leichter, als du vielleicht denkst.
Du brauchst z.B. nur den Fehler machen, über deine persönlichen Ansichten, über dein Training, und über deine „Taten“ auf den Social Medisa zu berichten. Immer wieder sehe ich Fotos und Posts, mit denen Leute ganz klar belegen, dass sie gewalttätige Tendenzen haben, oder Taktiken trainieren, die zu nichts Anderem führen können, als zu schweren Verletzungen.
Alleine die Zugehörigkeit zu bestimmten Clubs und Trainingsgruppen würde es einem Anwalt leicht machen, einem Richter gegenüber glaubhaft zu machen, dass du dich NICHT gesetzeskonform verteidigen wolltest. Wenn ich z.B. das „Messertraining“ mancher Gruppen ansehe, da ist völlig klar, dass solche Leute sehr rasch in den Knast wandern, falls sie das Jemals anwenden…
Noch deutlicher wird es, wenn Leute „Macho-Sprüche“ posten, wie „Den hätte ich gleich killen sollen“ oder „der hat es schon lange verdient“ oder „wer mich angreift, wird sterben“. Aussagen in diese Richtung besiegeln das juristische Schicksal.
Es gibt jede Menge Variationen solcher Sprüche. Im Zentrum steht aber, dass eine VORHERIGE Absicht bestimmt, Angreifer schwer zu verletzen oder gar den Tod in Kauf zu nehmen, etwa wenn ein Dieb in das Haus eindringt oder wenn man attackiert wird.
Jeder Post und jede öffentliche Aussage in diese Richtung, der nur annähernd diesen Tenor hat, schwächt dein Argument auf reine Notwehr. Jeder Post, jeder Kommentar, jeder Beitrag in einem Blog auch von Dritten ist ein Beleg für die Ewigkeit, dass du gewalttätige Neigungen hast.
Viele solcher Beiträge sind für viele Jahre nachweisbar. Nur weil du ihn vergessen hast, heisst nicht, dass er nicht mehr belegbar ist! Kommt dann noch dazu, dass dein Training genau auf solche Aktionen hindeutet, nämlich eine Bereitschaft oder gar Absicht, zu verletzen und zu töten, dann steht deine Verurteilung kurz bevor. Selbst wenn es eine tatsächliche Notwehr war, hast du den Anschein erzeugt und belegt, dass du gewalttätig handeln WOLLTEST. Auch wenn dies in deinen Gedanken gar nicht so war.
In einer Situation, in der du aus deiner Sicht illegal angegriffen wurdest und zur Verteidigung schwere oder tödliche Gewalt benutzt hast, vielleicht sogar eine tödliche Waffe benutzt hast, wirst du belegen müssen, warum du so gehandelt hast, dass dies der einzige Weg war, um die Gefahr zu umgehen, und dass du zuvor alle ANDEREN Wege zu Verhinderung des Konflikt benutzt hast, und dann die Anwendung schwerer Gewalt gegen den Angreifer UNVERMEIDBAR war.
Und ich kann dir garantieren: vor Gericht ist das viel schwerer, als du meinst.
An dieser Stelle möchte ich noch mal den gegnerischen Anwalt oder Staatsanwalt erwähnen, der vor deiner Verhandlung lange und intensiv recherchieren wird, wer du bist, was du so gepostet und gesagt hast, und welche Methodik du trainierst. Da spricht möglicherweise ganz schnell sehr viel gegen dich…
Da postete doch mal Jemand „Wenn Jemand in mein Haus eindringt, da rufe ich keine Polizei. Den knall ich um, ohne Fragen zu stellen, und lasse die Leiche verschwinden…“ Es fällt mir irgendwie schwer, mir vorzustellen, wie der Mann vor Gericht auf Notwehr plädieren will…
Es ist einfach sehr, sehr unklug, vorsichtig formuliert, solche Dinge IRGENDWO zu erzählen. Egal wo, auf welche Weise oder welchen Personen gegenüber.
Lass mich zusammenfassen: Trainiere für dein Überleben und für deine Verteidigung auf eine Art und Weise, die dir die Möglichkeit gibt, nachweisen zu können, dass du angepasst auf alle Angriffe reagieren kannst, nicht nur mit extremer Gewalt. Und halte deine Zunge im Zaum… „Loose lips sink ships“…
./.Ende von Teil 1 dieses Artikels. HIER GEHT’S WEITER ZU TEIL 2…
Autor: Mike Malak, seit 35 Jahren Personenschützer und seit 30 Jahren Ausbilder für Personenschutz, Verteidigung, Selbstschutz und Survival – Mitbegründer des Malak Kali Konzepts SEI DEIN EIGENER BODYGUARD