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Wie beruhigt man einen Menschen, der einen Wutanfall hat, um eine gefährliche Situation zu entschärfen?

Viele Menschen beklagen, dass unsere Gesellschaft zersplittert wurde, dass Egoismus immer mehr das Verhalten bestimmt, und dass Aggression und Gewalt steigen. Und wer wollte ernstlich behaupten, dass dies nicht zuträfe…? Andererseits sind Menschen aller Generation schon auf wütende Menschen gestossen. Wir alle sind wahrscheinlich schon Jemandem begegnet, der sich wütend oder hysterisch verhielt:
-Ein Kunde wird aggressiv, weil er seine Bestellung nicht genau so erhalten hat, wie er es wollte.
-Ein Kollege dreht durch, weil jemand die Kaffeekanne nicht aufgefüllt hat.
-Jemand aus dem Bekanntenkreis flippt aus, weil er oder sie den Job verloren hat.

Solche Situationen können uns komplett auf dem falschen Fuss erwischen, und bei uns selbst Aggression oder Spannung auslösen, wenn wir uns nicht psychologisch damit ein wenig befassen.
Weil die Aggression einer solchen Person uns und Anderen schnell Unbehagen bereitet, und der emotionale Ausbruch möglicherweise zu etwas Gefährlicherem eskaliert, oder weil es ein Mensch ist, der dir einfach wichtig ist und dem du helfen möchtest – würdest du ihn gern beruhigen können.

Aber wie macht man das geschickterweise?

Ich habe mich bereits seit meiner Jugend mit dem Thema beschäftigt, wie man aggressive und wütende Menschen beruhigen kann. Wie geht man mit Wut um? Im Zusammenhang mit meinem damaligen Kampfsporttraining, und seit Mitte der 80er Jahre als Teil meiner Ausbildung im Sicherheitsdienst war dies ein wichtiger Bereich für mich. Es mag ein wenig “schmalzig” klingen, aber die 70er Fernsehserie “Kung Fu” mit dem Serienheld “Kwai Chang Caine” hat mich schon in der frühen Jugend inspiriert, intensiv zu trainieren, aber zugleich zu versuchen, Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen.

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Meine Arbeit in Bereichen der internationalen Sicherheit hat oft erfordert, dass ich mit Menschen umgehen und sofort eine Beziehung zu ihnen aufbauen musste, die oft sehr, sehr wütend und wirklich verärgert waren – aus den unterschiedlichsten Gründen.
Hier sind sechs Regeln, die ich durch meine Arbeit und psychologische Ausbildungen gelernt habe, und die auch du in deinem eigenen täglichen Leben anwenden kannst.
Diese Erkenntnisse sind auch Teil meiner Seminare “BE YOUR OWN BODYGUARD” – Sei Dein Eigener Bodyguard – dazu HIER NÄHERE DETAILS.

6 Regeln, um Jemanden zu beruhigen

Unser übergeordnetes Ziel, wenn wir jemanden beruhigen wollen, ist es, einen Kontext zu schaffen, der es den wütenden/verärgerten Gefühlen der Person ermöglicht, sich wieder aufzulösen. Wir tun dies, indem wir 1) verhindern, dass sie sich noch mehr aufregt, und 2) die Entladung ihrer gestressten Gefühle erleichtern. Die folgenden sechs Regeln decken beide Säulen dieses Ansatzes ab.

Regel Nr. 1: Folge nicht deinem Instinkt
Einer der größte Fehler, den man im Umgang mit einer Person machen kann, die wütend oder aufgebracht ist, besteht darin, seinem eigenen Instinkt zu folgen. Die alte Regel “erst kurz durchatmen, bis 10 zählen, und erst dann reagieren” hat sich bis heute bewährt.

Du fühlst dich verärgert, weil sich Leute aufregen, aus deiner Sicht vielleicht völlig ungerechtfertigt und überflüssig, und dabei DICH selbst entweder verunsichern oder aggressiv machen. Du magst es nicht, auf solche Weise attackiert zu werden, auch wenn es “nur” verbal ist. Also sagst oder tust du Dinge, um die Person zu beruhigen, aber sehr oft solche Worte oder Handlungen kontraproduktiv. Es ist ein sehr grosser Unterschied, “Kontra zu geben”, um solche einen Menschen “abzufertigen”, oder zu versuchen, die Aggression aus der Situation zu nehmen.

Wenn wir Jemanden effektiv beruhigen möchten, sollten wir nicht von einem Ort eigener emotionaler Reaktivität aus agieren. Wir dürfen weder unser Ego in den Vordergrund stellen, noch Rechthaberei, noch versuchen, “Oberlehrer” zu spielen. Wir müssen in solche einer Situation unsere eigenen Stressgefühle überwinden, die von der anderen Person geschürt werden. Du kannst nicht zulassen, dass ihre Emotionen beginnen, dich zu kontrollieren. Deine Aufgabe ist es vielmehr, cool und gesammelt zu bleiben. Allerdings – und dies ist sehr wichtig – du selbst solltest in einer solchen Situation keine ANGST ausstrahlen. Sprich ruhig, ohne Emotionen, sachlich – aber nicht mit Furcht.

Das ist natürlich keine leichte Aufgabe, aber wenn dein Ziel ist, aggressive Situationen zu entschärfen, um Aggression in deinem Alltag zu verringern, dann ist das der einzige wirklich wirksame Weg. Du kannst jetzt beginnen kannst, an dieser Fähigkeit zu arbeiten. Aber hat unser Leben nicht schon genug Stress und Risiko? Letztlich hilft UNS SELBST eine beruhigende Taktik, sehr viel des alltäglichen Konfliktpotentials zu vermeiden.

Regel Nr. 2: Sage der Person nicht, sie solle sich beruhigen!
Wenn wir Jemanden gegenüber stehen, der verärgert oder wütend ist, möchten wir instinktiv, dass diese Person aufhört, sich so zu verhalten. Also sagen wir meist instinktiv so etwas wie: „Hey, du musst dich entspannen! Reg dich doch nicht so auf! Das ist doch den Stress gar nicht wert!“, oder ähnliche Floskeln.

Was wir dabei übersehen ist: ein wütender Mensch will aber jetzt nicht von uns hören, er solle sich beruhigen. Er empfindet im Moment das Bedürfnis, sich aufzuregen. Für diese Person, in dieser Situation, gibt es einen Grund, und sie ist emotional jetzt nicht sofort fähig, ihre Wut einfach zu vergessen.
Wenn wir es mit wütenden, aggressiven oder ängstlichen Personen zu tun haben, müssen wir vermeiden, was mit dem Begriff “Reaktanten” bezeichnet wird.
Das sind Worte oder Taten, die die Person nur noch mehr aufregen. Ein solcher Reaktant ist, Anweisungen zu geben oder zu versuchen, eine wütende Person zu überzeugen, sich jetzt erst mal zu beruhigen.

Gesagt zu bekommen, was man zu tun hat, stösst die Leute in dieser Situation nur ab. Es ist wie eine rote Fahne für einen Bullen. Momentan WILL diese Person sich aufregen.
Während dein Instinkt dich sagen lässt: „Beruhige dich jetzt erst mal“, empfindet die betroffene Person “ich werde nicht ernst genommen”. Und das erzeugt in der Regel nur eine grössere Wut. Wir können nicht wissen, ob aus Sicht dieses Menschen vielleicht tatsächlich ein Grund zur Wut besteht. Dies sollten wir nicht aus den Augen verlieren.

Regel Nr. 3: Halte etwas Abstand zwischen dir und der Person
Ein weiterer Reaktant, der die Aufregung von Jemandem verstärkt, ist, ihn körperlich zu bedrängen. Wenn du es mit einer aggressiven Person zu tun hast, die sehr aufgeregt ist und vielleicht die Kontrolle verlieren könnte, solltest du etwas Abstand zwischen dir und diesem Menschen einhalten.
Dies trägt nicht nur dazu bei, die Unruhe der Person zu verringern, sondern schützt auch deine Sicherheit. Dadurch hast du mehr Übersicht und mehr Zeit, notfalls zu reagieren.

Dies ist besonders wichtig, wenn du es mit jemandem zu tun hast, den du nicht kennst, und dessen Potenzial für Gewalt du nicht gut einschätzen kannst. Dieser Wutanfall kann eine psychotische Episode sein, und dann sind extreme Gewaltanwendungen möglich, auch wenn diese Person zuvor nicht als gewalttätig galt.

Ein Kollege erzählte mir von einer Situation, die übel ausging, weil zu einem wütenden Fremden nicht genug Abstand eingehalten wurde – seine Geschichte war wie folgt:

“Ich hatte einen Fall, in dem ein Mann einen bellenden Hund hatte und ein anderer Typ dem Mann sagte: „Warum kontrollierst du deinen Hund nicht?“ Und der Mann mit dem bellenden Hund antwortete: „Erzähl mir nicht, was ich mit meinem Hund zu tun habe!“ Der Mann mit dem bellenden Hund, so stellte sich heraus, war eine traumatisierte und psychisch kranke Person, und im Verlauf dieses Streits biss er dem Typen, der ihm sagte, er solle seinen Hund kontrollieren, zwei Finger ab.”

Wohlgemerkt: nicht der Hund hat den Kerl gebissen, der Hundebesitzer hat das getan.
Fazit: Halte immer genug Abstand zwischen dir und der wütenden Person, damit du mehr Reaktionszeit behältst.

Regel Nr. 4: Spiegele nicht die wütende oder verärgerte Person
Ein Standardratschlag, den man oft über den Aufbau einer Beziehung zu Menschen hört, lautet, die Person “zu spiegeln”. Wenn sie sich vor lehnt, lehnt man sich auch vor. Wenn sie laut über etwas spricht, spricht man selbst auch etwas lautstärker usw. Dadurch soll eine emotionale Verbindung aufgebaut werden usw.

Wenn wir es jedoch mit einer aufgeregten, aggressiven Person zu tun haben, dürfen wir sie NICHT spiegeln. Wenn wir anfängen, ebenfalls mit aggressiver Stimme zu reden, schnell zu sprechen und eine hoch emotionale Sprache zu verwenden, würden wir dem Ärger und der Wut nur zusätzlich Brennstoff geben.

Das Spiegeln einer wütenden oder verärgerten Person wird nur einen Teufelskreis eskalierender Emotionen auslösen. Wie oben erwähnt, müssen wir einen kühlen Kopf bewahren. Wir dürfen nichts von dem, was die Person sagt, persönlich nehmen. Wir müssen stattdessen langsam und ruhig atmen und betont langsamer sprechen. Du versuchst, die andere Person dazu zu bewegen, dein pro-soziales Verhalten zu spiegeln. Dein Ziel ist es, einen beruhigenden Einfluss auf die andere Person zu haben.

Regel Nr. 5: Empathie zeigen
In der Arbeit mit sehr aggressiven Menschen und Kriminellen habe ich entdeckt, dass die meisten Menschen sich überwiegend verstanden fühlen möchten, wenn sie wütend oder verärgert sind. Wenn sich Jemand nicht verstanden fühlt, macht ihn das noch wütender und frustrierter. Natürlich gibt es Menschen, die gezielte verbale Aggression als “Waffe” nutzen – aber die meisten wirklich wütenden Menschen meinen eher, sie würden nicht verstanden oder nicht erst genommen.

Also zeige der Person etwas Empathie. Das ehrliche Einfühlen in Jemanden, der sich irrational über etwas aufregt oder sich wie ein Vollidiot verhält, bedeutet nicht etwa, dass du ihm zustimmen musst. Aus meiner persönlichen Erfahrung ist Empathie in solchen Situationen eher auf der intellektuellen Ebene sinnvoll, nicht emotional.

Bei Empathie geht es nicht darum, die Gefühle einer Person zu teilen, sondern vielmehr sie zu verstehen. Dabei hilft, das Verhalten und die Worte der anderen Person mit der Art von distanzierter Neugier zu betrachten, ähnlich so, wie Spock bei Star Trek sie gezeigt hat – er fand Gefühle “faszinierend” und betrachtete sie aus einer Distanz. Mache dir den inneren Anthropologen zunutze und studiere die merkwürdigen Praktiken dieses aufgeregten Menschen. Was genau sagt die Person, und WARUM sagt sie diese Dinge?

Stelle dieser Person offene Fragen, um herauszufinden, warum die Person wütend oder verärgert ist. Verwende einladende Worte, wie: „Erzähle mir, was hat dich wütend gemacht.“ Lass die Person wissen, dass du sie verstehen möchtest, indem du Sätze sagst wie „Ich verstehe, dass dich das wütend gemacht hat, lass uns doch mal schauen, ob wir die Situation nicht ändern können, so dass du nicht mehr ärgerlich sein musst“. Sei dabei nicht herablassend und auch durch fadenscheinig, sondern mache deutlich, dass es verständlich ist, dass man in solch einer Situation ärgerlich werden kann – aber das es nützlicher ist, den Anlass zur Wut zu beseitigen, so dass alle Beteiligten zufriedener sein können.

Die Person mit einem empfänglichen Ohr aussprechen zu lassen, kann viel dazu beitragen, eine hoch aufgeladene oder emotionale Situation zu entschärfen. Lass eine wütende Person ausreden, zeige Verständnis, und biete den ehrlichen Willen an, die Situation zu lösen. Die wütende Person darf aber nicht das Gefühl bekommen, du willst sie nur abwimmeln! Du musst es dann ehrlich meinen und dies auch so vermitteln.

Regel Nr. 6: Suche nach einem nicht-aggressiven Ventil – schlage z.B. einen Spaziergang vor
Die Sache mit Wut und Aufregung ist, dass sie rasch hochkochende Emotionen sind, aber sie können sich ebenso schnell zerstreuen.

Du kannst das zu deinem Vorteil nutzen, indem du der wütenden oder verärgerten Person zum Beispiel vorschlägst, dass ihr zusammen spazieren geht. Auch hier musst du vermeiden, irgendwie den Eindruck zu vermitteln, so etwas zu befehlen. Das ist wäre wieder Reaktant. Sage so etwas wie: „Ich würde gerne mehr darüber hören. Das muss doch zu lösen sein. Wie wäre es, wenn wir einen Spaziergang machen und du mir mehr darüber erzählst, was passiert ist? Und dann suchen wir zusammen eine Lösung.“

Dies bewirkt ein paar Dinge. Erstens kann es die Wutgefühle verringern. Zweitens schaffst du effektiv eine Auszeit für die betroffene Person, damit die hoch aufgeladenen Emotionen ein Stück weit verarbeitet werden können. Und drittens bringt das Spazierengehen die wütende oder verärgerte Person zum ruhigeren Atmen, was gut ist, um sie zu beruhigen. Das simple GEHEN ist seit vielen tausenden Jahren bekannt für seine heilsamen und nützlichen Wirkungen auf Körper, Seele und Geist – du findest nähere Infos dazu in DIESEM POST. Es ist darum kein Zufall, dass ich hier das Spazierengehen anrate.

Auch rein psychologisch ist das gemeinsame Gehen, Seite an Seite, ein unterschwelliger Hinweis an die wütende Person, dass sie nicht allein dasteht und dass du diesen Menschen wirklich ernst nimmst

Lass mich aber auch darauf hinweisen, dass du diesen Rat im Zusammenhang sehen musst. Wenn Anlass hast zu glauben, dass die Person gewalttätig werden könnte, du nicht alleine mit ihr spazieren gehen. Verwenden Sie diese Taktik, wenn du der Meinung bist, dass dies auch sicher ist, oder nimm eine weitere neutrale Person mit, die notfalls einspringen kann, wenn du Hilfe benötigst.

FAZIT: Um Stress abzubauen, bleibe selbst ruhig und halte emotional Abstand, gieße kein Öl ins Feuer und gebe der Person das Gefühl, gehört und verstanden zu werden. Vermeide alle Reaktanten. Die Aufregung wird wahrscheinlich schnell vorbei sein; du musst nur den vorbeiziehenden Sturm mit Gleichmut überstehen. Dabei darfst du die Vorsicht nicht aufgeben. Bleibe ruhig, biete Hilfe an, bleibe AUFMERKSAM – und so hast du gute Chancen, diese Situation rasch zu entschärfen.

Autor: Mike Malak, seit 35 Jahren Personenschützer und seit 30 Jahren Ausbilder für Personenschutz, Verteidigung, Selbstschutz und Survival

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